Dienstag, 20. November 2012

Old Shatterhand und Urlaub an Traumstraenden

Inzwischen sind schon wieder ein paar Wochen ins Land gezogen und meine Zeit hier in Guadalajara neigt sich dem Ende zu. Auch wenn die letzte Zeit wieder sehr erlebnisreich war, kann ich von den letzten 2 Wochen leider keine Bilder hochladen. Vor zwei Wochen wurde mir auf einer Party bei uns mein Laptop geklaut und gestern habe ich meine Kamera am Strand verloren. Drum werde ich versuchen moeglichst bildhaft zu schreiben.

Carlos, ein nicht mehr arbeitender Arzt, kommt einmal die Woche in das Sozialprojekt in dem ich arbeite, um die Menschen dort kostenlos zu behandeln. Da ich mich super mit ihm verstehe, lud er mich eines Samstags dazu ein mit ihm in die Berge zu fahren, wo er ein Grundstueck zum jagen hat. Dieses Grundstueck befand sich auf dem Gipfel eines Berges, ca eine Stunde von der naechsten befahrbaren Strasse entfernt. Um dort hinzugelangen mussten wir sogar teilweise die am Jeep befestigte Seilwinde benutzen um extreme Steigungen ueberwinden zu koennen.
Auf dem Weg nach oben kamen wir an der Ranch eines guten Freundes Carlos' vorbei, wo wir zum Essen eingeladen wurden: Bohnenmus, grobe Fleischbrocken und dazu Tortillas. Gegessen wurde typischerweise mit der Hand.
Anschliessend wurde ich gefragt, ob ich nicht eine Runde auf dem schon gesattelten Maulesel reiten will um die Ranch kennenzulernen. Natuerlich stimmte ich zu, wobei ich eigentlich davon ausging, dass mich jemand einweisst und mit mir mitkommt. Aber alle blieben schwatzend am Tisch hocken und gingen wohl davon aus, dass es selbstverstaendlich sei, reiten zu koennen. Drum wollte ich mich nicht als Weisshaut-Taugenichts darstellen und bestieg einfach das Tier. Ich war mega ueberrascht, wie gut der Maulesel gehorchte und fand schnell gefallen daran durch die Rinderherden und Maisfelder zu gallopieren mit atemberaubender Aussicht ueber Steppen- und Berglandschaften. Ich fuehlte mich wie Old Shatterhand, auf dem Leder-Holz-Sattel mit befestigtem Lasso und Machete.

Oben auf dem Berggipfel angekommen, genossen wir eine Weile die wunderschoene Aussicht und ich hoerte mir Jagdgeschichten von Carlos an. Er ist naemlich Jaeger. Fuer das naechste Wochenende lud er mich auf ein Asado (Grillen) ein, er habe naemlich noch Hirschkeule und Pumafilet. Zuerst dachte ich er mache Scherze, aber dann zeigte er mir seine Jagdlizenz auf der tatsaechlich stand, dass er zum Puma jagen zugelassen ist. Es gaebe wohl sehr viele dieser Tiere in der Gegend.
Leider hat  es mit dem Grillen dann nicht geklappt, da er einen kurzfristigen Operationstermin hatte. Vielleicht klappt es ja noch naechste Woche.

Von Freitag bis Montag fuhr ich mit ein paar Freunden an die Straende Michoacans, ein im Sueden angrenzender Staat. Schon die Hinfahrt war ein Traum: mit dem Auto fuhren wir erst stundenlang durch Bananen-, Kokos- und Papayaplantagen und anschliessend eine bergige Strasse direkt am Pazifik entlang mit teilweise unglaublicher Aussicht auf kleine, menschenleere Straende und kristallklares, tuerkisenes Wasser! Ich kam mir vor wie in einem Traum!
So verbrachten wir 3 unbeschreibliche Tage an mehreren Traum-Straenden. An einem entdeckten wir eine Hoehle im Felsen, in die man reinschwimmen konnte und anschliessend auf einer Sandbank landete. Von dort bestaunten wir abends die feuerrote, im Pazifik untergehende Sonne. Wieder ein irgendwie irrealer Moment, der eher einem Traum als der Wirklichkeit glich.
Auf dem Weg zum naechsten Strand vergass ich meine Kamera auf dem Autodach und als ich es bemerkte konnten wir sie nicht mehr finden. Daher habe ich leider kein einziges Bild von dem Wochenende.
Und die Bilder von der Ranch hatte ich nur auf meinem Laptop gespeichert, der mir am folgenden Tag geklaut wurde. Naja, zumindest ist das Semester jetzt ja vorbei, sodass ich ihn nicht mehr brauche.

Nun bleiben mir noch ca 10 Tage hier in Guadalajara, bevor ich mich auf die Reise mache. Ich will garnicht an den Abschied denken, da er mir glaube ich verdammt schwer fallen wird. Ich habe hier auf jeden Fall einige richtig gute Freunde gefunden!

Samstag, 3. November 2012

Zeremonie mit einem Schamane

Gerade bin ich von einer der wohl verrücktesten Nächte meines Lebens zurückgekommen. Ich hatte die Chance über einen Freund meines mexikanischen Mitbewohners, mit auf eine spirituelle Zeremonie in den Bergen zu gehen, die von einem Schamanen abgehalten wurde.
Gestern Abend kamen wir nach knapp 3 Stunden Fahrt an dem "heiligen Platz" mitten in den Bergen an, wo der Schamane und ca 20 andere Leute schon alles hergerichtet hatten. Nach kurzer Begrüßung setzten wir uns alle in einen Kreis, der von vielen kleinen Steinen begrenzt wurde und in dessen Mitte ein kleiner Altar mit verschiedenen Reliquien hergerichtet war. (Ein Tierfell, ein Hirschgeweih und verschiedene Kräuter) In der Mitte wurde ein Feuer angezündet, auf das Tabak und andere Kräuter gestreut wurden. Anschließend wurden getrocknete Maisblätter und eine Tabak-Kräuter-Mischung verteilt, die in das Maisblatt eingewickelt und anschließend gepafft wurde, während der Schamane in einen Sprechgesang einstimmte, begleitet von einem Trommel- und Rasselnrhythmus.
In seinem Sprechgesang sprach er die Geister der vier Himmelsrichtungen und die Erde an und bedankte sich, dass sie uns unser Leben und zu Essen schenkten. Leider konnte ich nicht alles verstehen, da er zwischendurch vom Spanischen auf eine indigenen Sprache umschwank.
Jedenfalls zog sich dieses Ritual über eine Stunde hin, durchgehend begleitet von den gleichbleibenden Trommelschlägen, nur ab und zu unterbrochen von einem lauten "ajho" von einem der Menschen in der Runde. Das ist ein indigenes Wort und bedeutet so viel wie: "so ist es!"
Ich war ehrlich gesagt ganz froh als es vorüber war, da mir schon etwas schlecht von dem Tabak geworden ist.
Im Anschluss zogen wir uns bis auf die Hose aus und betraten ein Temazcal, wo wir uns wieder im Kreis auf den Boden setzten. Das Temazcal ist eine Art steinernes Iglu, das von den Azteken erfunden wurde.(http://de.wikipedia.org/wiki/Temazcal) In die Mitte wurden glühende Steine gelegt, die aus dem "heiligen Feuer" geholt wurden und anschließend wieder die Tabak-Kräuter-Mischung daraufgestreut. Im fünfminuten Takt wurde nun Wasser auf die heißen Steine gegossen, sodass sich der kleine Raum mit Rauch und Wasserdampf füllte. Anfangs war das noch ganz angenehm, aber schon nach kurzer Zeit wurde es so heiß, dass man nicht mehr durch die Nase atmen konnte, weil man sich sonst verbrannte. Und auch die Augen konnte man kaum öffnen, da der Rauch sonst zu sehr zwickte. Dies war aber weiter nicht schlimm, da es sowieso stockfinster war. Nur das leichte Glühen der Steine verbreitete ein schummriges Licht.
Auch hier wurde durchgehend getrommelt und gerasselt und alle stimmten in einen Sprechgesang ein. Circa alle 15min, wenn man dachte man hält es nicht mehr aus, wurde der Eingang für ein paar Minuten geöffnet, sodass ein bisschen frische Luft reinkam.
Nach etwa einer Stunde dachte ich dass es nun vorbei sei, dabei wurde jedoch nur ein Gefäß mit einer braunen Flüssigkeit hereingereicht, das die "Heilige Medizin" genannt wurde. Ich hatte ehrlich gesagt schon ein wenig bammel, dass ich das auch trinken muss, aber zum Glück bekamen davon nur die "Eingeweihten" zu kosten. Anschließend ging die Zeremonie ungefähr noch einmal so lange weiter: Aufstreuen der Kräuter, Wasseraufguss, schwitzen, schwitzen, schwitzen...
Ein paar Frauen mussten sich sogar übergeben. Das war aber wohl nichts Unerwartetes, da schon Auffanggefäße bereit standen, die anschließend draußen ins "Heilige Feuer" gekippt wurden.
Auf jeden Fall ist man mit der Zeit durch die monotonen Trommelrhythmen, den Sprechgesang, den Rauch und die Hitze in eine Art Trance gefallen, wo man nicht mehr genau wusste, ob man träumt oder wach ist. Ziemlich krasse Erfahrung.
Nach ca zwei Stunden war das ganze endlich zu Ende und einer nach dem anderen Kroch ins Freie um sich am Feuer zu trocknen.
Nun machten sich die "Eingeweihten" auf den Weg zum Berggipfel, um dort ein Tag und eine Nacht auf der gleichen Stelle zu sitzen und zu meditieren. Dabei dürfen sie kein Wort reden, nichts essen und nichts trinken! Und das nach einem zweistündigen Dampfbad-Exzess...
Um den Denkprozess zu fördern bekam jeder von ihnen ein Stück von einem bestimmten Kaktus zu essen, der Halluzinationen bewirkt. Dadurch kommt man in Einklang mit dem Universum, den Geistern der vier Himmelsrichtungen und der Erde. So die Worte des Schamane.
Keine Angst, ich habe nichts von dem Kaktus gegessen! ;-)

Inzwischen war es schon 6 Uhr morgens, sodass ich mich ans Feuer legte und sofort tief und fest einschlief. Am späten Vormittag machte ich mich dann wieder auf den Weg zurück nach Hause. Ich hätte gerne noch die Rückkehr der "Eingeweihten" abgewartet, aber morgen früh gehe ich mit einem Kurs der Uni in ein Armenviertel, wo wir mit den Menschen dort zusammen ein Projekt aufbauen wollen, um ihnen ein kleines Einkommen zu ermöglichen. Bin schon sehr gespannt wie das wird!